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Schaustellerorgel der Firma Wilhelm Bruder Söhne

Modellnr. 79, 48 Tonstufen, Seriennr. 3203

 

Geschichte

Die Orgel ist 1902 in Waldkirch gefertigt worden und zählt zu einer der ganz frühen pneumatisch gesteuerten Orgelwerke. Sie wurde von der Schaustellerfamilie Seifert in Halle erworben und spielte an einer Schiffschaukel. 1927 wurde sie an den Schausteller Bruno Eckstein aus Alsleben an der Saale weiterverkauft. Dort arbeitete die Orgel bis 1936 an einer U-Boot-Schnellbahn (siehe s/w Foto im Anhang). Später wurde die Orgel zusammen mit einer Cocchi, Bacigalupo & Graffigna 52er-Walzenorgel (ebenfalls in unserer Werkstatt restauriert und heute im Museum der Sammlung Iakobachwilli in Moskau zu sehen) in einen Schuppen gestellt, in dem  sie 1991  nach 55 Jahren entdeckt und von einem Kunden erworben wurde. 1996 brachte der kunde mir die Orgel in die Werkstatt, wo sie noch einige Zeit auf die Restaurierung wartete. 

 

über 1400 Arbeitsstunden werden ihr neues Leben und neuen Glanz einhauchen.

Im bild zu erkennen: die untere Partie wurde nach außen versetzt und plump verbreitert. Die harmonische Form der Schnecke und das optische Gleichgewicht der gesamten Fassade sind dadurch gestört.

Ein sehr schlechter Allgemeinzustand

Sie war dort der Witterung und der Sonne ausgesetzt und dadurch weitgehend, sowohl technisch als auch optisch in starke Mitleidenschaft gezogen.

Im Orgelkasten fand man sogar Tierknochen... Ganze Teile waren vom Holzfraß zersetzt und unwiederbringlich beschädigt.

Die Fassade wird "ausgezogen" und minutiös untersucht.

Detektivarbeit

Zunächst wird die Front zerlegt. Dabei lassen sich vorgenommene Änderungen identifizieren. Der Abgleich mit historischen Vergleichsobjekten und verräterische Leimspuren erhärten die Vermutung: die Seitenteile wurden irgendwann etwas lieblos verbreitert, dabei wurden unübersehbar die unteren großen Schnecken linear gestreckt.

Die Seitenteile

Das Seitenteile werden rekonstruiert in den Originalmaßen. Fehlende Teile werden ergänzt durch originalgetreue Holzschnitzereien. Mit Kartonschablonen, statt den verlorenen oder zerstörten teilen, wird der Aufbau simuliert. Die untere Schnecke findet hier ihren alten Form wieder (die Seitenteile waren verbreitert worden). Am Ende stehen die Seitenteile rekonstruiert, mit den ergänzten und wiederverwendeten Holzschnitzerein.

Zerfressene Teile werden ersetzt
unter Beibehaltung der Originalsubstanz
Simulation durch Kartonschablonen
Ergänzung durch Holzschnitzereien

Holzschnitzereien

scharfes Werkzeug
Anfertigung einer Kopie

In Aufwendiger und zeitraubender Arbeit werden sämtliche Holzschnitzereien wiederhergestellt und ergänzen passgenau die geretteten Verzierungen.

Rechts im Bild, die Anfertigung einer perfekten Kopie einer durch Wurmfrass zerfressenen Verziehrung.

Ergänzen oder ersetzen, ein Dilemma

Wo immer möglich, wird Originalsubstanz gerettet oder wenigstens ergänzt. Wenn es allerdings unumgänglich ist, wird sie ersetzt durch neue Schnitzereien, die dem Original 1:1 entsprechen.

Vorher / Nachher

Nach einigen hundert Stunden Arbeit ... der Vergleich zwischen der restaurierter Fassade vor der Grundierung, und der grundierten, bevor Sie Anstrich und Vergoldung erhält.

die rohe Fassade
die grundierte Fassade

Zu guter letzt... Blattvergoldung

Die Fassade erhält ihre letze Zierde : Farbe und Blattgold.